Wer Pferderennen liebt und irgendwann anfängt, sich auch für die Vollblutzucht zu interessieren, kommt meines Erachtens um Federico Tesios «Rennpferde» nicht herum. Auch wenn die erste Auflage des Buches bereits vor rund 50 Jahren erschienen ist, ist es nach wie vor so etwas wie die Bibel wenn man ein deutschsprachiges Buch über die Vollblutzucht möchte.
Federico Tesios Gestüt Dormello brachte zwischen 1911 und 1953 20 Sieger des italienischen Derbys hervor. Dormello-Pferde gewannen aber auch grosse Rennen ausserhalb Italiens. Botticelli gewann beispielsweise den Ascot Gold Cup, Nearco den Grand Prix de Paris. Zu den bedeutendsten Rennpferden des 20. Jahrhunderts gehören eben dieser Nearco oder auch Ribot, beides Pferde aus der Tesio-Zucht. Tesio war unbestritten ein züchterisches Genie und ist darum auch heute noch prädestiniert, uns die Feinheiten und Eigenheiten der Rennpferdezucht näher zu bringen.
Von der Lebensgeschichte bis zu Tesios Experimenten
Das Buch erzählt die Lebensgeschichte des Maestros genauso wie die Geschichten seiner berühmtesten Pferde. Vor allem geht es aber um die vielen Erkenntnisse die Tesio über die Zucht von Vollblutpferden gewonnen hat und die Leser daran teilhaben lässt. So erklärt er beispielsweise wie die Farbe eines Pferdes genetisch entsteht und weiter vererbt wird. Auch ist ein ganzes Kapitel der Schimmelfarbe gewidmet und man erfährt, dass das Weiss der Schimmel eigentlich keine Farbe ist, sondern eine Haarkrankheit (Pigmentstörung) die weitervererbt werden kann, aber nicht muss. Normalerweise bringen zwar zwei Schimmel wieder einen Schimmel, es kann aber auch sein, dass beide Elternteile die Krankheit nicht vererben und das Fohlen braun geboren wird und auch bleibt.
Nicht mehr oft zu sehen: ein Originalbild vom legendären Nearco.
Ein ausführliches Kapitel widmet Tesio auch den Hindernispferden und kommt darin zum interessanten Schluss, dass Springvermögen nicht vererbt wird. Ebenso erklärt er, wie Flieger- und Stehereigenschaften zustande kommen. Interessant an seinen Beobachtungen zu diesem Thema ist, dass jeder erstklassige Steher mindestens einen guten Sprinter im Pedigree hat. Zitat Tesio: «So entdeckte ich, dass Stehvermögen belebt sein muss mit dem Blut eines Spitzenfliegers über 1200 – 1600 m.»
Spannend sind auch die Experimente die Tesio zum Sehvermögen der Pferde gemacht hat oder seine Beobachtungen und Schlussfolgerungen zur Intelligenz der Vollblüter. Ein Buch also, das nicht nur für Zuchtinteressierte geschrieben wurde, sondern jeden Pferdemenschen begeistern dürfte.
Fazit
Auch wenn es zwischenzeitlich viele neuere Studien zum Thema gibt, so hat Federico Tesios Wissen zur Zucht von Vollblütern sowie zu ihren Eigenheiten und Verhaltensweisen noch heute in weiten Teilen seine Gültigkeit und wurde in eben diesen neueren Studien auch immer wieder bestätigt. Zudem bietet das Buch auch viele unterhaltsame Geschichten und Bilder über Rennpferde und Pferdemenschen die zu einer Zeit gewirkt haben, als viele von uns noch gar nicht geboren waren.
Federico Tesio
Rennpferde
ISBN 3-487-08422-8
Buch direkt bestellen: Rennpferde: Erfahrungen eines berühmten Vollblutzüchters (Documenta Hippologica)
