Jockeys: Wie bleiben sie Leichtgewichte?

Es ist altbekannt dass Rennreiterinnen und Rennreiter so leicht wie möglich sein sollten. Um möglichst viele Ritte zu bekommen, ist bei den Damen das Gewicht von 50 bis 52 Kilo erstrebenswert. Und auch die Herren sollten nicht mehr als 54 bis 56 Kilo in den Sattel bringen um – möglichst auch international – richtig gut gebucht zu werden. Dabei sollten die Jockeys beider Geschlechter aber auch noch kräftig und bei bester Kondition sein, da Rennreiten – inklusive Stallarbeit – sowohl ein Ausdauer- wie auch ein Kraftsport ist. Muskeln sind aber bekanntlicherweise schwerer als Fett, was die Ausgangslage nicht einfacher macht.

Extremfälle in der internationalen Szene

In den vergangenen Jahren wurden im Ausland mehrere Fälle von Kokainmissbrauch bei Jockeys bekannt und die Betroffenen mit Sperren belegt. Kokain wirkt leistungssteigernd, macht euphorisch und hemmt das Hungergefühl. Weiter keimen auch immer wieder Gerüchte über massive Ess-Störungen (zum Beispiel Bulimie) bei Jockeys auf. Glücklicherweise spielen sich diese Dinge aber vor allem in anderen Ländern ab. In der Schweiz scheint diese Problematik kaum vorhanden zu sein, unsere Rennreiterinnen und Rennreiter wirken fit, gesund und gehen wohl diszipliniert und bewusst vor und bringen lieber ein oder zwei Kilos mehr auf die Waage, statt mit fragwürdigen Praktiken ihre Gesundheit zu gefährden.

Jockeys geben Auskunft

Ich wollte es genau wissen und habe einige Protagonisten um kurze Statements zu den Themen Gewicht halten, Ernährung und Gesundheit gebeten. Rennreiterin und Jungtrainerin Carina Schneider, Flach- und Hindernisjockey Raphael Lingg sowie unser Mann in Deutschland, Miguel Lopez, waren bereit, ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern. Folgende Fragen habe ich ihnen gestellt:

Welches ist das leichteste Gewicht das du reiten kannst?

Achtest du darauf gesund und ausgewogen zu essen oder geht es dir primär darum, möglichst leicht reiten zu können und die Gesundheit kommt erst an zweiter Stelle?

Ernährst du dich nach einer bestimmten Vorgabe (z.B. Low Carb, Weight Watchers, vegan, Rohkost oder sonst was) um dein Gewicht zu halten?

Hand aufs Herz: Ist das ständige Gewicht halten manchmal eine Quälerei oder fällt es dir leicht?

Und hier die Antworten von Carina, Miguel und Raphael:

Rennreiterin und Jungtrainerin Carina Schneider bei der täglichen Arbeit. – Foto: zvg

Rennreiterin und Jungtrainerin Carina Schneider bei der täglichen Arbeit. – Foto: Stephan Ulrich, turffotos.ch

Carina Schneider:

Das leichteste Gewicht, das ich aktuell reiten kann, ist 56.5 Kilo. Ich achte sehr darauf gesund zu essen und pflanze sogar meinen eigenen Salat und mein eigenes Gemüse an. Eine bestimmte Ernährungsform praktiziere ich gar nicht. Zum Beispiel Vegan wäre gar nichts für mich. Ich habe selber Hühner und wer würde dann deren Eier essen? 😉 Das Gewicht zu halten ist nicht immer einfach. Die Waage ist nicht gerade meine Freundin. Aber es ist mein Job und den mache ich sehr gerne. So gerne, dass ich auch mein Gewicht bewusst kontrolliere und auf einige Sachen verzichte.

 

Miguel Lopez – unser offenbar immer gut gelaunter Mann in deutschen Diensten. – Foto: Sibylle Maus

Miguel Lopez – unser offenbar immer gut gelaunter Mann in deutschen Diensten. – Foto: Sibylle Maus

Miguel Lopez:

Ich kann 53 Kilo reiten. Eigentlich ernähre ich mich immer gesund und koche immer frisch. Oft ist das Gemüse, Salate, Hähnchen, Rind, Fisch und Reis. Süssgetränke trinke ich nicht, ausser Redbull, das dafür oft. Schokolade geniesse ich nur morgens, damit sie während der Arbeit gleich wieder verbrannt wird. Auch als Rennreiter gönnt man sich mal eine Pizza oder Nudeln, das dann aber eher anfangs der Woche, weit weg vom nächsten Renntag. Ich kontrolliere mein Gewicht schon seit Jahren und habe mich daran gewöhnt. Essen nach Kosttrennung oder nach einer verkorksten Diät kommt für mich nicht in Frage. Ich esse bewusst, aber was mir schmeckt.

 

Raphael Lingg im Einsatz über Hürden. – Foto: zvg

Raphael Lingg im Einsatz über Hürden. – Foto: zvg

Raphael Lingg:

Ich reite seit dieser Saison nicht mehr leichter als 56 Kilo. Für mich ist es wichtig, dass ich genügend essen kann. Wenn ich zu wenig esse, habe ich keine Energie mehr um Rennen zu reiten. Klar, am Renntag und am Abend vor den Rennen gibt es – je nach dem welches Gewicht ich reite – wenig bis nichts zu essen. Auf gesunde Ernährung achte ich eher weniger. Ich esse meistens das, worauf ich gerade Lust habe. Nach Lust zu essen ist mir wichtig. Darum gibt es bei mir nicht die ganze Woche Gemüse etc. Ab und zu brauche ich auch Schokolade oder so… Ein Diätprogramm habe ich noch nie probiert. Mir ist es viel zu wichtig, das zu essen worauf ich Lust habe und was mir schmeckt. Eine Quälerei ist das Gewichthalten für mich nicht, da ich ja nicht gross kontrolliere was ich esse und grundsätzlich auf nichts verzichte, was ich gerne mag.

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