Starke Frau im Hindernismetier

Oft wird der Rennpferdetrainerberuf im Allgemeinen und das Hindernismetier im Besonderen, als Männerdomäne bezeichnet. Dies scheint sich zu bestätigen, wenn man zum Beispiel die aktuelle französische Trainerstatistik nimmt. Mit Pia Brandt und Criquette Head-Maarek fungieren die ersten beiden Damen auf den Plätzen 15 und 16 (Stand 28.11.2015). Bei den Hindernistrainern findet sich mit Isabelle Pacault die erste Frau auf Platz 18.

Allerdings sind aktuelle Statistiken immer nur eine Momentaufnahme. Es gibt Ladys – wie beispielsweise die bereits genannte Criquette Head-Maarek oder die englische Hindernistrainerin Venetia Williams – die über viele Jahre immer wieder im Rampenlicht stehen. Criquette Head-Maarek hat in den letzten Jahren vor allem mit der Überfliegerin Trêve und deren zwei Siege im Prix de l’Arc de Triomphe Schlagzeilen geschrieben. Venetia Williams war durch den Grand National-Sieg von Mon Mome im Jahr 2009, in aller Munde. Und in den letzten drei Jahren konnte Williams zwölf Siege in sogenannten Big-Races verzeichnen.

Hierzulande sind die Trainerinnen im Flachmetier sehr stark. In der Saison 2015 fungierten fünf Damen unter den besten Zehn. Im Hindernissektor sieht es anders aus. Mit Claudia Schorno auf dem dritten und Monika Müller auf dem achten Platz, haben es nur zwei Ladys in die Top Ten geschafft.

Ich habe bei Claudia Schorno – der starken Frau in dieser Männerdomäne – nachgefragt, wieso sie ganz aufs Hindernismetier setzt und was die Besonderheiten beim Trainieren von Hindernispferden sind.

Claudia Schorno – hoch konzentriert im Training. – Foto: zvg

Claudia Schorno – hoch konzentriert im Training. – Foto: zvg

Nachgefragt bei Claudia Schorno

Liebe Claudia, erstmal herzliche Gratulation zum dritten Platz im Hindernis-Trainerchampionat und vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, mir einige Fragen zu beantworten.

Du bist die einzige Frau in der Schweiz, die im vergangenen Jahr ganz auf den Hindernissport gesetzt hat. Wie ist es dazu gekommen? Hast du diesen Weg bewusst gewählt oder hat er sich eher zufällig ergeben?

Claudia Schorno: Zum Hindernissport kam ich eigentlich weil mein Lebenspartner Hindernisjockey war. Er hatte lange in grossen Hindernisställen in Frankreich und in Italien gearbeitet und konnte seine Erfahrung und das Gelernte an mich weitergeben.

Was fasziniert dich besonders an Hindernisrennen und dem Training von Hindernispferden?

Der Hindernissport hat mich schon immer fasziniert. Schon als kleines Mädchen war ich an den Pferderennen in Aarau und habe immer davon geträumt, einmal ein eigenes Hindernispferd zu besitzen. Nun besitze und trainiere ich selber Hindernispferde und wir haben das Glück, mit unserem «Stallhindernisjockey» Julien Lemée einen Reiter zu haben, der die Pferde bestens kennt. Er kommt während der Saison regelmässig zu uns ins Training um die Pferde zu springen und uns zu unterstützen.

Hindernispferde haben meistens bereits Rennerfahrung wenn man sie erwirbt. Oft sind es drei- bis sechsjährige Pferde, das Einreiten und die Grundausbildung fallen also weg. Was sind die speziellen Herausforderungen beim Aufbau und Training von Hindernispferden beziehungsweise wo liegen die Unterschiede zum Aufbau und Training von Flachpferden?

Da wir im kleinen Rahmen trainieren und wir es nicht vollberuflich machen, ist es für uns natürlich einfacher und unkomplizierter bereits ausgebildete Hindernispferde zu erwerben. Ich denke, der Aufbau beim Hindernispferd und Flachpferd ist wohl nicht sehr verschieden. Natürlich müssen die Hindernispferde im Training regelmässig gesprungen werden, wobei unsere Pferde, die schon etliche Hindernisrennen bestritten haben, während der Saison nicht übermässig viel im Training gesprungen werden.

Rückblick auf die erfolgreiche Saison 2015

Mal abgesehen von der Anzahl Siege und Plazierungen: Hast du deine persönlichen Ziele in der Saison 2015 erreicht oder gab es Pferde die hinter den erwarteten Leistungen zurück geblieben sind oder vielleicht Rennen, die du unbedingt gewinnen wolltest, aber nicht gewonnen hast? Hast du allenfalls sogar Pferde die als Leistungsträger fungierten durch Verletzungen oder Krankheiten verloren?

Ich bin mit der Saison 2015 sehr zufrieden. Wenn meine Pferde gut laufen und sich platzieren bin ich sogar mehr als zufrieden. Ein Sieg ist immer sehr schön, aber für mich ist ein regelmässiges Laufen der Pferde genau so wichtig. Zum Glück hatte ich dieses Jahr keine Ausfälle durch schwerwiegende Verletzungen. Nur meine Hoffnung Turbotin hat sich leider nach 1.5 Jahren Verletzungspause beim Aufbau erneut verletzt und hat jetzt einen Platz als Reitpferd. Meinen Liebling Kilary habe ich jetzt über drei Jahre und er war noch nie verletzt! Er ist nicht unbedingt der Siegertyp aber bringt praktisch immer Geld nach Hause. Unsere Stute Algorithme hat uns nur positiv überrascht und sollte sie gesund bleiben, wird sie uns im Jahr 2016 sicher viel Freude bereiten. Blingless der Liebling von Franck Cousin muss nichts mehr beweisen. Er hat in Frankreich gezeigt, was in ihm steckt. Als wir ihn bekamen, war er sehr schwierig im Umgang. In der Zwischenzeit ist er aber ein richtiges «Pony» geworden – auch was die Rennen betrifft. Er konnte im Jahr 2015 nur spärlich eingesetzt werden. Wir hoffen mit ihm nächstes Jahr nochmals richtig Gas geben zu können. Für mich persönlich hat Gaelic Space (trotz zwei Siegen letzte Saison) etwas enttäuscht. Von ihm habe ich etwas mehr erwartet. Ich muss aber dazu sagen, dass ihm die Bahnen Aarau und Maienfeld nicht unbedingt zusagen und er braucht unbedingt weichen Boden, was er dieses Jahr praktisch nie vorfand.

Trotz Vollzeitjob als Personalfachfrau und dem nebenberuflichen Rennpferdetraining, nimmt sich Claudia auch die Zeit, für Kuschel- und Spielstündchen mit ihren Vierbeinern. – Foto: zvg

Trotz Vollzeitjob als Personalfachfrau und dem nebenberuflichen Rennpferdetraining, nimmt sich Claudia auch die Zeit, für Kuschel- und Spielstündchen mit ihren Vierbeinern. – Foto: zvg

Du verbringst praktisch dein ganzes Leben mit Pferden, bist schon seit vielen Jahren Trainerin, machst das Ganze aber nur nebenberuflich zusammen mit deinem Partner Frank Cousin. Ihr beide arbeitet ansonsten in «normalen» Jobs. Wird man da nie müde, sich Tag für Tag immer wieder neu zu motivieren und diese Doppelbelastung auf sich zu nehmen?

Meinen Freunden sage ich immer: An dem Tag an dem es mir «stinkt» in den Stall zu meinen Pferden zu gehen – da höre ich auf! Sicher gibt es Tage da würde man gerne noch etwas länger im Bett bleiben oder auch einmal eine Woche in die Ferien fahren. Aber was Ferien betrifft, kann ich mich sehr schlecht von meinen Vierbeinern trennen und sie daheim lassen. Neben den Pferden habe ich auch noch einen Hund und viele Katzen – im Stall und zu Hause. Sowieso brauche ich keine Motivationsspritze um in den Stall zu gehen – da gehe ich jeden Tag mit Freude hin. Da ich als Personalfachfrau relativ selbständig arbeiten kann und mein Arbeitsort mit dem Auto ab Stall in nur fünf Minuten erreichbar ist, kann ich mein «strenges» Arbeitspensum mit 100 % Bürojob und Rennpferdetraining gut einrichten. Mein Lebenspartner fängt jeweils erst um 14.00 Uhr an zu arbeiten, er arbeitet dann am Abend länger – wenn ich schon wieder im Stall bin.

Hast du als Pferdefrau, Besitzerin und Trainerin einen grossen Traum? Ein bestimmtes Rennen zu gewinnen oder vielleicht einen Crack im Hindernismekka England an den Start zu bringen?

Also wenn ein Starter in einem grossen Hindernisrennen im Ausland, dann natürlich in Frankreich, in Auteuil. In der Schweiz würde ich sehr gerne einmal den GP Aarau gewinnen.

Ganz herzlichen Dank, Claudia, für dieses Interview. Die Leser von Galoppszene und ich, wünschen dir, Frank und euren Pferden für die nächste Saison viel Glück und Erfolg.

 

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