Passion Hindernisrennen

Stefanie Ihlenburgs Leidenschaft sind Hindernisrennen und ihre Protagonisten. Sie setzt sich in ihrer Heimat Deutschland intensiv für die Förderung des Hindernisrennsports ein. Mit ihrer Mitstreiterin Juana Rabenseifner betreibt sie die Webseite «Hindernisrennen in Deutschland» sowie die Facebookseite «Zwischen den Flaggen». Sie ist als Rennsport-Fotografin tätig sowie als Jockeyvermittlerin bei «Anglo German Racing». Das Gespräch mit Stefanie Ihlenburg dürfte also auch für die Hindernissportanhänger in der Schweiz sehr interessant sein.

Steffi Ihlenburg bei einem Besuch auf der Rennbahn in Naas, Irland. – Fotos: zVg

Nachgefragt bei Stefanie Ihlenburg

Liebe Steffi, erstmal danke für die deutsch-schweizerische Zusammenarbeit und dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Magst du den Lesern kurz erzählen, wie du ursprünglich zum Pferderennsport gekommen bist und wie sich die Passion für Hindernisrennen entwickelt hat?

Stefanie Ihlenburg: Ebenfalls vielen Dank für die Zusammenarbeit. Pferde liebte ich schon immer, doch mein Kontakt zu ihnen war zunächst auf Ponies beschränkt. Als Kind habe ich viel ferngesehen und irgendwann lief dann mal eine Serie, in der es um ein Rennpferd ging. Da sprang der Funke über. Als ich darauf hin in unserem Ort Plakate des Hannoverschen Rennvereins sah, wollte ich unbedingt Galopprennen live erleben. Also ist mein Vater an einem kalten Dezembertag mit mir zur Rennbahn gefahren. Es war der letzte Renntag der Saison, aber für mich der Beginn einer waschechten Leidenschaft. Seitdem bin ich regelmässig zu den Rennen gefahren. Zunächst mit meinen Eltern – die eigentlich nichts mit Pferden oder Rennsport am Hut haben – und als ich alt genug war dann alleine oder mit Freunden. Hindernisrennen fand ich schon immer spannend, aber ein ganz besonderes Erlebnis war es für mich Registano zu sehen, den mehrmaligen Hindernis-Champion. Die Bahn in Hannover war proppenvoll, der Grosse Preis der Spielbank Hannover (Jagdrennen) war das Hauptrennen des Tages. Die Spannung vor und dann während dem Rennen hat mich total gepackt. Registano war ein ganz besonderes Pferd. Spätestens da hatte ich vollends mein Herz an den Hindernissport verloren.

Hast du eigene Rennpferde oder bist du in einer Besitzergemeinschaft dabei?

Ich bin Mitglied im Club Neue Bult, einer Besitzergemeinschaft aus Hannover, die derzeit 38 Mitglieder zählt und in dessen Farben das Pferd Funky Groove läuft, allerdings in Flachrennen. Juana und ich würden aber gerne eine Besitzergemeinschaft gründen, die nur Hindernispferde hat. Da steckt die Planung derzeit aber noch in den Kinderschuhen.

Was hat es mit Anglo German Racing auf sich? Was macht diese Organisation und was ist deine Funktion?

Anglo German Racing, 2009 von Darren Thrussell gegründet, hat es sich als Ziel gesetzt in Englisch über den deutschen, und seit 2011 auch verstärkt über den zentraleuropäischen Galopprennsport zu berichten. Die englischsprachige Presse in Europa berichtet ja – verständlicherweise – fast nur über die Rennen in England und Irland, sowie über einige der grossen internationalen Rennen. Aber auch andere Länder sind was den Rennsport betrifft ungeheuer spannend, gerade auch kleine Rennsportnationen. Europas Rennsport ist ein kunterbunter, faszinierender Flickenteppich. Darüber wollen wir berichten. Neben der Berichterstattung kommen aber auch beratende Tätigkeiten dazu sowie Jockeyvermittlung. Ursprünglich war nur die Berichterstattung geplant. Das andere hat sich aus verschiedenen Situationen ergeben. Meine Funktion bei Anglo German Racing ist vor allem das Fotografieren, sowie die Jockeyvermittlung. Im vergangenen Jahr habe ich mich jedoch voll und ganz auf die Weiterbildung in Aromatherapie und einigen anderen Dinge konzentriert. Zudem war ich eine Zeit lang in Irland. Daher war es von meiner Seite her bei diesem Projekt sehr ruhig. Nun bin ich aber wieder voll und ganz dabei.

In deutschen Hindernisrennen reiten oft Jockeys aus England und Irland mit.

Ist dieses Projekt für euch Initianten beruflich/finanziell interessant oder ist es eher gemeinnützige Arbeit von der vorwiegend die Jockeys und die Besitzer profitieren? Kannst du kurz erklären, wer wie davon profitiert, beziehungsweise was das eigentliche Ziel von Anglo German Racing ist?

Unsere Arbeit ist voll und ganz gemeinnützig, wir selber profitieren weder beruflich noch finanziell. Uns geht es um das Ideelle, um unsere Liebe zum Rennsport zu leben und um Dinge zu verändern. Darren und Juana arbeiten beide beruflich nicht im Galopprennsport, ich orientiere mich gerade neu und der Plan ist, zumindest teilweise im Rennsport tätig zu werden aber auch eher periphär. Der Profiteur unserer Arbeit soll der Rennsport allgemein sein. Natürlich profitieren Jockeys oder Besitzer (bei der Jockeyvermittlung) oder Rennvereine und Wetter (bei der Berichterstattung), aber letztlich kommt es natürlich dem Rennsport allgemein zugute. Unsere Arbeitskraft stellen wir dabei kostenlos zur Verfügung. Bei der Jockeyvermittlung hat der Besitzer schliesslich die Reisekosten für den Jockey zu tragen, die manchmal schon recht hoch sein können, auch wenn wir zusehen sie so gering wie möglich zu halten. Und der Jockey hat auch seine Unkosten und verpasst ein, zwei Arbeitstage in seinem Land für meistens nur einen Ritt hier in Deutschland. Es ist keine Luxusangelegenheit, wie es hin und wieder in Flachrennen der Fall ist, wo der Besitzer den für ihn bestmöglichen Jockey einfliegen lässt. In Hindernisrennen steht manchmal einfach kein einheimischer Jockey zur Verfügung. Würde niemand aus dem Ausland kommen, könnte das Pferd nicht laufen. Bei den wenigen Hindernisrennen in Deutschland ist das Nichtlaufen können eine kleine Katastrophe für den Besitzer. Da helfen wir wo wir können, denn wir möchten, dass der Hindernissport in Deutschland erhalten bleibt.

Werden durch Anglo German Racing überwiegend englische Reiter für deutsche Rennen vermittelt oder gelingt es euch auch, deutschen Reitern zu Ritten auf der grünen Insel zu verhelfen?

Die Konkurrenz unter den Jockeys in England und Irland ist sehr gross, da ist es auch für richtig gute Hindernisreiter oftmals schwierig Ritte zu bekommen. Daher ist es kaum möglich, für deutsche Reiter Ritte dort zu vermitteln. Was aber durchaus möglich ist, sind Arbeitsurlaube wo sie zumindest im Training die Hindernispferde reiten und springen können. Bei Interesse helfen wir gerne bei der Vermittlung. Jedenfalls ist es um einiges einfacher, englische und irische Jockeys für Ritte nach Deutschland einzuladen als umgekehrt. Auch wenn es sich für sie finanziell oft nicht lohnt, so schätzen sie im Ausland zu reiten doch als spannende Erfahrung.

Hindernissport in der Krise

Meines Wissens steckt der Hindernissport in Deutschland in etwa genauso in der Krise, wie der unsrige in der Schweiz. Was sind deines Erachtens die Gründe, wieso er in Deutschland kränkelt?

Oftmals wird oder wurde behauptet, dass die Sponsoren fehlen, dass in Hindernisrennen nicht genug gewettet wird. Rennvereine wie Bad Harzburg oder Mannheim beweisen jedoch, dass Hindernissport durchaus funktioniert und sehr populär ist. Was andere Rennvereine davon abhält, Hindernisrennen auszuschreiben vermag ich nicht einzuschätzen. Vermutlich sind es aber oft auch vereinsinterne Gründe und die allgegegenwärtige Angst vor militanten Tierschützern. Die meisten Zuschauer sehen aber gerne Hindernisrennen und wenn es Startmöglichkeiten für die Pferde gibt, werden auch Hindernispferde trainiert. Die aktuelle Abwärtsspirale, also dass immer weniger Hindernisrennen ausgeschrieben werden, sorgt leider dafür, dass es im Hindernissport immer weniger Aktive und somit auch weniger Know how gibt. Wenn das spezifische Wissen und Können verloren geht, dann wirkt sich das natürlich negativ aus.

Rennsport-Fotografin Steffi Ihlenburg bei der Arbeit.

Bist du zuversichtlich, dass längerfristig bei euch wieder mehr Hindernisrennen ausgeschrieben und auch mehr Hürdler und Steepler trainiert werden?

Ja und Nein. Momentan ist die Stimmung generell recht düster, nicht zuletzt auch weil die Rennbahn Bremen schliessen musste (auf dem Gelände sollen Wohnungen gebaut werden). Der dortige Rennverein war ein wichtiger Unterstützer des deutschen Hindernissports. Es gibt noch ein klein wenig Hoffnung, dass dort irgendwann wieder Rennen gelaufen werden und doch scheint es unwahrscheinlich und wird wohl nicht in absehbarer Zukunft passieren. Mannheim ist derzeit die einzige Bahn, die die ganze Saison über Hindernisrennen ausgeschrieben hat. Bad Harzburg ist ebenfalls ein wichtiger Fels in der Brandung, es ist jedoch eine Meetingbahn.

Wenn man pro Hindernisrennen an einem Strang ziehen würde, ein gut durchdachtes Konzept hätte oder wenn ein finanzkräftiger Sponsor die Initiative ergreifen würde, wäre es aber durchaus möglich, dass wieder mehr Hindernisrennen ausgeschrieben würden. Das Interesse ist auf jeden Fall vorhanden. Bestes Beispiel ist die Trainingszentrale Iffezheim. Dank der Nähe zu Frankreich gibt es für die dort stationierten Hindernispferde genügend Startmöglichkeiten, die auch gut dotiert sind. Mit Mark Quinlan ist ein exzellenter Hindernisjockey seit Ende letzten Jahres in Iffezheim tätig. Bis auf wenige Ausnahmen springen dort alle Trainer Pferde ein, und das obwohl der dortige Rennverein kein Unterstützer des Hindernissports ist. Wenn man auf die Hindernistrainer-Statistik 2017 für die grenznahe Rennbahn Wissembourg schaut, findet man sechs deutsche Trainer unter den Top 10, drei davon aus Iffezheim. Allein diese sechs liessen im vergangenen Jahr dort 15 Pferde insgesamt 25 Mal Hindernisrennen bestreiten, dabei kamen zehn Siege und acht Plätze zustande – und das bei nur 13 Hindernisrennen. In der gesamtfranzösischen Hindernistrainerstatistik schaffte es die Iffezheimer Trainerin Marion Rotering mit acht Pferden, 27 Starts, drei Siegen und 14 Plätzen immerhin auf den 130. Platz, ihr «Stallnachbar» Waldemar Himmel mit zwei Pferden, zehn Starts, sechs Siegen und vier Plätzen auf den 132. Platz. Die anderen beiden Iffezheimer Miroslav Rulec und Manfred Weber stehen an 158. bzw 219. Stelle, bei insgesamt 499 in der Statistik geführten Trainern. Wie man am Iffezheimer Beispiel sieht, ist von Seiten der Besitzer und Trainer grosses Interesse am Hindernissport vorhanden und dass nun auch Jockey Mark Quinlan dort ansässig ist, ist für den deutschen Hindernissport wie hundert Mal Weihnachten und Ostern gleichzeitig. Mark Quinlan steht übrigens auch für Ritte in der Schweiz und Frankreich zur Verfügung sofern es seine Engagements für die Iffezheimer Quartiere erlauben. Wer ihn buchen möchte kann sich gerne an mich wenden; Tel. +4915783543753. Zurück zur Situation in Deutschland: Auch das Interesse von Seiten des Publikums zeigt sich regelmässig wenn Hindernisrennen auf dem Programm stehen. In Hamburg, Bad Harzburg oder Quakenbrück werden die Seejagdrennen oft zum Ende des Renntags gelaufen und die Rennbahn ist dann stets noch sehr gut gefüllt. Zuschauerzahlen von 10’000 und mehr sind keine Seltenheit wenn spezielle Hindernisrennen auf dem Programm stehen. Das alles zeigt, dass es nicht an mangelndem Interesse seitens der Aktiven oder der Zuschauer liegt, dass hierzulande immer weniger Hindernisrennen ausgeschrieben werden.

Deutsch-schweizerischer Annährung

Bei uns in der Schweiz, sind die deutschen Hindernisrennen kaum Thema. Sie werden hier nur wahrgenommen, wenn unser Schweizer Mann in Deutschland – Miguel Lopez – erfolgreich über die Sprünge reitet. Wie ist es umgekehrt, interessieren euch unsere Schweizer Hürden-, Jagd- und Cross-Rennen?

Die Situation hier ist ähnlich. Für viele sind die Schweizer Hindernisrennen sozusagen ein Buch mit sieben Siegeln. Selbst über den Sieg von Fabulous Valley (in Schweizer Besitz, aber in Deutschland trainiert) im 70. GP der Schweiz in Aarau wurde hierzulande so gut wie gar nicht berichtet. Dass generell auf beiden Seiten so wenig über das Nachbarland berichtet wird, überrascht mich immer wieder, da ja noch nicht einmal eine Sprachbarriere besteht. Eigentlich liegt doch nichts näher, als sich gegenseitig auszutauschen und gegebenenfalls auch zusammenzuarbeiten. Aber ich muss gestehen, bis vor zwei, drei Jahren wusste ich auch so gut wie gar nichts über den Schweizer Hindernissport. Eine Expertin bin ich immer noch nicht, aber das wird sich jetzt auf jeden Fall ändern.

Ich war in der Vergangenheit bereits zweimal mehrere Tage am Hamburger Derby-Meeting und bin da auch in den Genuss des legendären Seejagdrennens gekommen. Von dir weiss ich, dass du noch nie Rennen in der Schweiz besucht hast. Besteht die Möglichkeit, dass wir dich irgendwann einmal auf einer Schweizer Rennbahn antreffen?

Auf jeden Fall! Ich kann zwar noch nicht genau sagen wann, aber ich werde so bald wie möglich auch der einen oder anderen Schweizer Rennbahn einen Besuch abstatten. Ich bin schon sehr gespannt. Wenn genug Interesse besteht, werden wir via FB-Seite «Zwischen den Flaggen» auch versuchen ein Treffen der Hindernissport-Freunde dort zu organisieren. Ein schweizerisch-deutsches Treffen wäre doch schön!

Herzlichen Dank, Steffi, dass du uns diesen Einblick in deine Tätigkeiten und in den deutschen Hindernissport gegeben hast. Und ja, die Idee für gegenseitige Treffen ist toll und ich werde diese gerne auch via FB-Seite von Galoppszene unterstützen. Da bleiben wir in Kontakt.

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