Trotz Erfolg keine Zukunft

Moni Müller hat bereits eine lange Karriere im Rennsport hinter sich. Sie hat schon mit zehn Jahren beim damaligen Besitzertrainer und Rennreiter Walter Zemp Rennstalluft geschnuppert. Nach der Schulzeit absolvierte sie die Ausbildung zur Tiermedizinischen Praxisassistentin. Es folgte eine fünfjährige Anstellung bei der Klinik an der Rennbahn in Baden-Baden, daneben war sie an den Wochenenden und freien Tagen als Reisefuttermeisterin und Arbeitsreiterin bei Trainer Urs Suter – der damals in Baden-Baden stationiert war – tätig. Moni ist dann auch mit Urs und Barbara Suter nach Chantilly übergesiedelt und war ein Jahr in Vollzeit als Reisefuttermeisterin und Arbeitsreiterin angestellt. Somit konnte sie auch Erfahrungen im französischen Rennsport sammeln. 2007 startete Moni als Besitzertrainerin in Zürich-Dielsdorf und hat daneben im 100 Prozent-Pensum als Sekretärin, später als Aussendienst-Mitarbeiterin und im Sales Service gearbeitet. Da ihr immer mehr Pferde anvertraut wurden, hat Moni ihr Angestelltenpensum stetig verkleinert und war schliesslich vollberufliche Rennpferdetrainerin.

Im Sommer konnte Moni Müller noch strahlen – hier nach dem Sieg von Night Whisper in Avenches.

Im Sommer konnte Moni Müller noch strahlen – hier nach dem Sieg von Night Whisper in Avenches. – Foto: turffotos.ch

Allerdings ist es in der Schweiz sehr schwierig als Rennpferdetrainerin mit eher wenigen Pferden gut über die Runden zu kommen, selbst wenn man sehr erfolgreich trainiert. Im vergangenen Jahr 2016 haben die neun von Moni Müller trainierten Pferde bei 54 Starts, 8 Siege und 32 Plätze erzielt und insgesamt rund 100’000 Franken verdient. Trotzdem hatte die Trainerin mit immer wiederkehrenden finanziellen Problemen zu kämpfen und hat Ende November ihre Trainertätigkeit aufgegeben. Ich habe bei Moni nachgefragt, wie es dazu gekommen ist und wie es bei ihr nun weitergeht.

Nachgefragt bei Moni Müller

Moni, du hast Ende November deine Tätigkeit als Rennpferdetrainerin wegen finanzieller Schwierigkeiten eingestellt, deine Einzelfirma «Trainingstall Monika Müller» ging in Konkurs. Zuallererst: Wie geht es dir nach diesem Fiasko? Noch am Boden zerstört oder blickst du bereits guten Mutes in die Zukunft?

Moni Müller: Nun, der Konkurs kam ja nicht von heute auf morgen. Ich wusste schon länger, dass es finanziell immer schwieriger werden würde. Natürlich habe ich immer gehofft, dass es irgendwie doch weitergehen könnte. Ich wollte es lange nicht richtig wahrhaben, dass es schlicht nicht mehr weitergehen konnte. Bis dann der Konkurs definitiv da war. Dementsprechend hatte ich in den letzten Tagen Ups and Downs. Einerseits ist mein bisheriges Lebenswerk in die Brüche gegangen und andererseits bin ich auch erleichtert, dass es zu einem Entscheid gekommen ist. Die letzten Wochen und Monate waren schwierig, ich habe mich kaum mehr getraut zum Briefkasten zu gehen… Schlussendlich war es mir nur noch wichtig, dass alle meine Schützlinge einen guten neuen Platz finden und es gelang auch, mit den Besitzern gemeinsam, für alle Pferde schnell eine Lösung zu finden. Trotz des Konkurses hätte ich die finanziellen Dinge in Ordnung bringen und weiter trainieren können, einige meiner Besitzer haben sich auch sehr dafür eingesetzt, dass ich das tue. Zur Zeit mag ich aber nicht mehr kämpfen, denn mir ist bewusst, dass es immer schwierig sein würde, finanziell über die Runden zu kommen und das zermürbt einen.

Ich und die meisten Leser kennen nur die Informationen aus dem Beitrag auf horseracing.ch. Der beschreibt aber nur das Ende der Geschichte. Magst du in einigen Sätzen erzählen, wie deine Trainerlaufbahn gelaufen ist und wieso es trotz vieler Erfolge deiner Pferde zu den finanziellen Schwierigkeiten kam?

Meine Tätigkeit als Trainerin hat sich in gewisser Weise eingeschlichen, es war eigentlich gar nicht mein Plan. Irgendwann habe ich die Besitzertrainer-Lizenz gemacht, ohne konkrete Absicht wirklich Rennpferde zu trainieren. Silvio Staub gab mir ziemlich überraschend kurze Zeit nach der bestandenen Prüfung Odin ins Training. Aus einem Pferd wurden zwei, dann drei, vier… Die Pferde liefen nicht schlecht und so kam es, dass der Stall immer voller wurde, neue Besitzer und neue Pferde kamen dazu. Also entschied ich mich im 2013 die Berufstrainer-Lizenz zu machen.

Mein Geschäft ist stetig gewachsen, dummerweise habe ich mir aber nie richtig Gedanken über die Buchhaltung gemacht. Offensichtlich war ich eine bessere Trainerin als eine Geschäftsfrau… Ich habe die Pensions- und Trainingspreise schlecht kalkuliert, habe kleines und auch grösseres nicht konsequent aufgeschrieben und somit viele Dinge gar nicht verrechnet oder einfach Handgelenk mal Pi überschlagen und unterm Strich nicht kostendeckend verrechnet. Den Pferden sollte es an nichts fehlen, egal wie viel Aufwand ich dafür hatte… Dass dies längerfristig nicht aufgeht, habe ich erst zu spät wahrgenommen.

Konntest du bereits eruieren, was du konkret hättest anders machen müssen oder was du – wenn du nochmals zurückgehen könntest – anders machen würdest?

In den letzten zwei Jahren ist mir die ständig mehr werdende Arbeit – Rennpferde trainieren und die dazu gehörende Büro- und Buchhaltungsarbeit – über den Kopf gewachsen. Einen festangestellten Mitarbeiter konnte ich mir nicht leisten und ich war abends jeweils nur noch froh, mein Tagespensum – ich stand täglich um 4 Uhr auf und war abends um 20 Uhr mit dem Abendstall fertig – geschafft zu haben. Dann auch noch konzentriert Büroarbeit zu verrichten ging nicht. Ich hätte von Anfang an jemanden für die Büroarbeiten und die Buchhaltung suchen müssen. Diese Dinge liefen bei mir mehr schlecht als recht nebenher. Wenn ich abends noch Zeit und Kraft hatte, habe ich ein paar Kundenrechnungen geschrieben oder fällige Lieferantenrechnungen bezahlt, ich hatte kein System… Irgendwann habe ich den Durchblick verloren und der unerledigte Berg wurde immer grösser. Ich hätte mir viel früher Hilfe für die administrativen Sachen holen müssen, dann wäre es wohl nicht so weit gekommen.

Den letzten Sieg für Trainerin Moni Müller gab es am 5. November in Avenches durch Ruby Beauty mit Maxim Pecheur im Sattel. – Foto: turffotos.ch

Den letzten Sieg für Trainerin Moni Müller gab es am 5. November in Avenches durch Ruby Beauty mit Maxim Pecheur im Sattel. – Foto: turffotos.ch

Überall schwierig für «kleine» Trainer

Es ist bekannt, dass einige Schweizer Galopptrainer ständig jeden Fünfer zweimal umdrehen müssen, um vom Rennsport leben zu können. Selbst wenn die ihnen anvertrauten Pferde erfolgreich laufen. Wieder andere – vor allem Besitzer- aber auch Profitrainer mit eher wenigen Pferden – arbeiten nebenher in einem Teilzeit-, manche sogar in einem Vollzeitpensum. Wieso ist es in der Schweiz so schwierig, vom Galopptrainerberuf zu leben?

Bei uns ist alles sehr teuer. Stallungen, Futter, Hufschmied, Tierarzt etc. und dem gegenüber werden die Rennpreise immer kleiner, die Abzüge immer grösser. Wenn man mal eine oder zwei Boxen frei hat, was immer mal passieren kann wenn Pferde in eine Weidepause gehen oder sich verletzen, fehlen die entsprechenden Einnahmen. Und da man schon bei voll belegten Boxen gut kalkulieren muss, um mit einer schwarzen Null heraus zu kommen, können solche kurzfristigen Durststrecken schnell desaströs werden.

Du kennst auch den deutschen und den französischen Rennsport. Ist es in diesen Ländern genauso schwierig wie hierzulande oder ist die Situation für Trainer dort ganz anders?

In Deutschland ist es genau so oder vielleicht sogar noch schlimmer. Da müssen immer mehr Rennbahnen ihre Tore schliessen und kleine Trainer sind gezwungen aufzuhören. Die Dotationen der Rennen sind in Deutschland zum Teil – vor allem auf Provinzrennbahnen – noch geringer als hier. Die aktuelle Situation in Frankreich kenne ich nicht so genau. Die Trainer mit denen ich dort in Kontakt bin, sind aber auch am Kämpfen. Um gut vom Trainermetier zu leben muss man heute eine grosse Anzahl Pferde im Training haben. Ideal ist es, ein grosses Gestüt oder grosse finanzkräftige Besitzer im Rücken zu haben, die immer wieder neue Pferde bringen, so dass ausgediente Pferde sofort ersetzt werden. Eine gute zusätzliche Einnahmequelle ist auch der Handel mit Pferden. Für kleine Trainer wird es wohl überall immer schwieriger werden.

Nach allem was du erlebt hast, kannst du dir vorstellen, hier in der Schweiz oder in einem anderen Land nochmals als Trainerin durchzustarten oder siehst du dich – wenn überhaupt – eher in einem anderen Tätigkeitsfeld innerhalb des Galoppsports?

Ob ich nochmals Rennpferde trainiere, kann ich nicht sagen. Es kommt wie es kommen muss… Es fasziniert mich schon sehr Rennpferde zu trainieren; rauszufinden wie ein Pferd «funktioniert» und zu erspüren wie ich das Pferd trainieren muss, damit es zu Höchstleistungen fähig ist. Ein Leben ohne Rennsport kann ich mir nicht vorstellen. In welcher Form ich ihm treu bleibe, ist aber zum jetzigen Zeitpunkt noch offen.

Wie geht es bei dir nun in den nächsten Wochen weiter?

Es stehen nun einzelne Gespräche mit verschiedenen Trainern in England an. Der englische Rennsport und das Land kenne ich überhaupt nicht, würde ich aber gerne kennenlernen. Eine Option ist auch Deutschland. Eine Assistenz-Trainer-Anstellung bei einem grösseren Trainer würde mich langfristig sehr interessieren.

Gibt es noch etwas, dass du der Schweizer Galoppszene mitteilen möchtest?

Ich möchte mich ganz herzlich bei meinen «Stammkunden» bedanken, die mich jahrelang unterstützt haben. Der «Trainingsstall Monika Müller» war nicht nur eine Firma, sondern eine grosse Familie. Silvio Staub hat mir damals eher unerwartet das erste Pferd, Odin, ins Training gegeben und nun beenden wir eine lange erfolgreiche Zusammenarbeit. Veronika Jud hatte einen grossen Anteil am Erfolg des Stalles, von ihr durfte ich viele gute Pferde trainieren. Tolle Pferde betreute ich auch für Jacky Eble und Duri Casty. Ein ganz grosses Danke geht an Vreni Meister für ihr Engagement, den enormen Einsatz im Training und an den Renntagen und für den immer so führsorglichen Umgang mit «unseren» Pferden.

Ganz herzlichen Dank, liebe Moni, dass du mir und den Lesern von Galoppszene so offen über deine Situation Auskunft gegeben hast. Wir wünschen dir für die Zukunft nur das Beste und es wäre schön, gelegentlich wieder von dir zu hören, egal in welchem Rennsportland du dich aufhältst.

 

1 Kommentar

  1. Andrea Rüeger

    Das tut mir leid, das zu lesen. Ich wünsche ihnen für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg im privaten wie auch im beruflichen Leben!

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