Wie präpariert man die perfekte Grasbahn?

Res Minder ist seit 10 Jahren Rennbahnchef auf der Fehraltorfer Rennbahn und versucht Jahr für Jahr – wie die Bodenverantwortlichen aller Rennbahnen – für die Osterrennen die perfekte Grasbahn zu präparieren. Er erklärt uns in diesem Interview, was dabei die Schwierigkeiten sind und was schlicht nicht zu beeinflussen ist, weil man bei einer Outdoor-Sportart vom Wetter abhängig ist.

Res Minder beim Vorbereiten der Hürden – auch das gehört zum Aufgabenbereich des Fehraltorfer Rennbahnchefs. – Foto: Zug

Res Minder beim Vorbereiten der Hürden – auch das gehört zum Aufgabenbereich des Fehraltorfer Rennbahnchefs. – Foto: zvg

Nachgefragt bei Res Minder

Lieber Herr Minder, herzlichen Dank, dass Sie sich so kurz vor den Osterrennen die Zeit nehmen, Galoppszene dieses Interview zu geben.

Im ersten Beitrag zum Thema Bodenbeschaffenheit hat die Pferdeärztin Annina Widmer die ideale Grasbahn wie folgt beschrieben: «Der perfekte Grasboden hat einen guten Aufbau und eine gute Drainage, er hat eine nicht zu kurze und nicht zu lange aber dafür eine dichte Grasnarbe. Er sollte im Penetrometer etwa einen Wert von 3.5 haben und über die ganze Bahn regelmässig sein.» Das zu erreichen ist wohl ziemlich schwierig. Wann beginnen Sie jeweils in Fehraltorf mit der Präparation der Grasbahn und was sind die einzelnen Schritte bis zum Renntag?

Res Minder: Die Fehraltorfer Rennbahn wird während des ganzen Jahres landwirtschaftlich genutzt und kann deshalb erst kurz vor Beginn der Rennen präpariert werden. Wichtig ist vor allem die Mäusebekämpfung während des Jahres. Bewirtschaftungsfehler können wir allerdings vor den Rennen nicht mehr beheben. Und Landwirtschaftsland hat auch nie die dichte Grasnarbe wie für Pferderennbahnen gewünscht, da sich die Botanik anders zusammensetzt, mit Klee und Kräutern. Beides ist auf Pferderennbahnen unerwünscht, braucht es aber für eine gute Futterqualität. Darum wird unsere Bahn immer ein Kompromiss bleiben. Wir beginnen 14 Tage vor dem ersten Renntag mit dem Aufbau der Rails und können von da an präparieren. Zuerst wird abgeschleppt mit einer Wiesenegge um erste Unebenheiten auszugleichen. Dann wird gewalzt, je nach Witterung mehr oder weniger. Am Samstag vor den Rennen werden dann noch die letzten Löcher und Unebenheiten mit Sand präpariert. Bewässert wird nach Bedarf. Übrigens: der Bodenwert 3,5 ist so eine Sache mit der niemand so richtig glücklich ist. Die Traber hätten lieber 3 und weniger, die Galopper 4 und mehr…

Da die Osterrennen früh im Jahr stattfinden, haben Sie in Fehraltorf tendenziell eher mit zu nassem als mit zu trockenem Boden zu kämpfen. Bei Trockenheit kann man die Bahn wässern, was für Massnahmen können Sie bei zu viel Nässe ergreifen?

Grundsätzlich keine. Das Wetter ist immer ein entscheidender Faktor. Die Fehraltorfer Bahn liegt allerdings auf kiesigem Untergrund, deshalb trocknet sie relativ schnell ab und wird auch bei viel Niederschlag nie bodenlos. Auch bei Bodenwerten um 7.0 sind immer noch reguläre Rennen möglich, da die Bahn noch genügend Grip entwickelt.

Nicht nur die Grasbahn präparieren – auch viele andere Tätigkeiten werden von Res Minder und seinem Team ausgeführt. – Foto: zvg

Nicht nur die Grasbahn präparieren – auch viele andere Tätigkeiten werden von Res Minder und seinem Team ausgeführt. – Foto: zvg

Auch mit Schnee muss manchmal gerechnet werden

Manchmal gibt es im März nochmals massive Kälteeinbrüche. Ist es in den Jahren ihrer Tätigkeit auch schon passiert, dass der Boden gefroren war und gibt es Möglichkeiten dagegen an zu gehen?

Gefrorener Boden wäre das Aus für einen Renntag. Ein gefrorenes Geläuf ist viel zu gefährlich. Das ist aber noch nie vorgekommen. Es ist allerdings schon vorgekommen, das wir am Renntagmorgen den Schnee von der Bahn räumen mussten. Der anschliessende Renntag verlief dann problemlos, da unter dem Schnee der Boden meist nicht gefroren ist.

Wenn wir nun einmal von einem Extremszenario ausgehen, zum Beispiel eine wochenlange Regenphase mit sogenannten «knietiefen» Bodenverhältnissen. Kann da für Sie als Rennbahnverantwortlicher der Punkt kommen, wo Sie resignieren und entscheiden, dass die Rennen abgesagt werden müssen oder machen Sie in einem solchen Fall bis zum Renntag mit Ihrem Team einfach alles menschenmögliche und lassen dann die Rennleitung entscheiden, ob die Rennen durchgeführt werden oder nicht?

Oberste Priorität hat immer die Sicherheit von Pferd und Reiter/Fahrer. Die Wetterprognosen sind entscheidend. Über die Durchführung der Rennen bei schwierigen Verhältnissen wird bereits am Vortag entschieden. Es ist ja absehbar, ob sich die Verhältnisse noch verbessern oder nicht. Es macht wenig Sinn, einen Renntag auf Teufel komm raus durchdrücken zu wollen und um elf Uhr dreissig, wenn schon alle Helfer und Aktiven auf dem Platz sind, absagen zu müssen. Der Entscheid wird aber in jedem Fall vom gesamten OK in Zusammenarbeit mit der Rennleitung gefällt. Vor vier Jahren hatten wir die letzte Absage. Positiver Nebeneffekt: wir haben spontan ein Helferfest gemacht und das bereits vorbereitete VIP-Buffet leergeräumt.

Man muss sich emotional distanzieren können

Wenn sich an den Fehraltorfer Renntagen Pferde sichtbar schwer verletzen, machen Sie sich als Bodenverantwortlicher Vorwürfe und fühlen sich in gewisser Weise verantwortlich oder können Sie sich davon emotional distanzieren?

Schwere Verletzungen bei Pferden sind immer belastend. Diese kommen aber im Rennsport immer mal wieder vor. Auch wir in Fehraltorf sind davor nicht gefeit. Vorwürfe deswegen mache ich mir aber eher keine, da ich weiss, dass ich mein Möglichstes für eine gute Bahn gemacht habe. In der Regel verletzen sich die Pferde eher wegen Zwischenfällen im Pulk wie Angaloppieren oder haarsträubender Reit- und Fahrmanöver als wegen der Bahn. Und emotionale Distanz gehört in diesem Job dazu. Schliesslich sind bei Misserfolgen und Zwischenfällen aller Art die Bahn und ihre Beschaffenheit sowie die Bannverantwortlichen beliebte Sündenböcke.

Im Moment ist das Wetter für die Jahreszeit sehr gut und die Prognose bis Ostern verspricht, dass es mehr oder weniger so bleibt. Wie präsentiert sich die Bahn in Fehraltorf aktuell und was gibt es nun in den letzten Tagen vor Ostermontag noch zu tun?

Grundsätzlich präsentiert sich die Bahn sehr schön. Gutes Wetter – so komisch es auch klingen mag – ist für mich eher eine Belastung. Der Aufwand um eine zu harte Bahn weich genug zu bekommen ist für uns sehr gross, da wir keine Bewässerungsanlage haben und mit Druckfässern vom Innenraum aus wässern müssen. Und im Moment ist die Bahn mit einem Wert von 2,5 zu hart, also werden wir noch etwas Wasser aufbringen müssen. Auch müssen die letzten Feinarbeiten noch ausgeführt werden. Aber am Ostermontag wird sich die Bahn in perfektem Zustand befinden. Und dann darf das Wetter so prächtig sein wie es nur geht!

Lieben Dank, Herr Minder, für Ihre interessanten Ausführungen. Die Leser von Galoppszene und ich wünschen Ihnen und Ihrem Team beste Wetterverhältnisse für beide diesjährigen Renntage und unfallfreie Rennen.

 

1 Kommentar

  1. Res Minder

    Nachtrag zu den Renntagen 2016: zwei wunderschöne Renntage, eine hervorragende sehr schnelle Bahn und unfallfreie Rennen, was will man mehr! Ich bedanke mich bei allen Aktiven für Ihre Treue zu Fehraltorf und freue mich schon auf die Rennen 2017 bei hoffentlich ebensoguten Bedingungen. Und ohne umkippenden Startmaschinen, wofür ich mich nochmals entschuldigen möchte. Man ist doch nie vor Überraschungen sicher…

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