Abenteuer Qatar-Derby

Schweizer Besitzer sind im internationalen Rennsport nicht als sehr reisefreudig bekannt. Zwar zieht man ab und zu einen Start in einem der Nachbarländer in Betracht, Reisen nach Übersee oder in die Wüste sind aber definitiv nicht an der Tagesordnung. Auch deshalb nicht, weil Gruppe-Pferde in Schweizer Besitz eine Seltenheit sind. Dass nun Shutterbug – im Besitz des Schweizers Mark Hänni – im Qatar-Derby (Gruppe I) als Dritter für Furore sorgte, ist so etwas wie ein (Rennsport)Märchen aus 1001 Nacht.

Ich habe bei Shutterbugs Münchner Trainer Michael Figge nachgefragt, wie er den erst wenig geprüften Hengst auf dieses spezielle Rennen vorbereitet hat, wie er seinen Besitzer für das Qatar-Abenteuer begeistern konnte und was es eigentlich organisatorisch und auch veterinärmedizinisch braucht, um eine solche Reise in Angriff zu nehmen.

Shutterbugs Crew in Qatar – v.l.n.r. Mark und Fränzi Hänni, Shutterbug mit seinen beiden Grooms, Trainer Michael Figge – Foto: zvg

Shutterbugs Crew in Qatar – v.l.n.r. Mark und Fränzi Hänni, Shutterbug mit seinen beiden Grooms, Trainer Michael Figge – Foto: zvg

Nachgefragt bei Michael Figge

Lieber Michael erstmal lieben Dank, dass du dich für dieses Interview bereit erklärt hast. Und herzliche Gratulation zum hervorragenden dritten Platz von «unserem Schweizer» Shutterbug im Qatar-Derby.

Shutterbug ist vor seinem Qatar-Start erst fünf Rennen gelaufen. Zwar sehr erfolgreich; er war nie schlechter als Zweiter, trotzdem scheint es mir recht risikoreich, ein so wenig geprüftes Pferd, für einen so aufwändigen Auslandtripp auszuwählen und auf den Tag X vorzubereiten. Erzähl doch bitte den Lesern von Galoppszene, wie es dazu gekommen ist, dass du Shutterbug als gut genug und leistungsmässig weit genug für diese grosse Aufgabe befunden hast.

Michael Figge: Bereits vor Shutterbug’s erstem Start habe ich sein Leistungsvermögen im Training gesehen. In den Rennen hat er das ganz prima umgesetzt. Mit dem 2. Platz in Rom hat er sich für das Qatar-Derby qualifiziert. Wichtig für solch ein Rennen am Ende der Saison ist, dass ein Pferd noch frisch und knackig ist.

Letzte Orders im Führring von Qatar. Jockey Anthony Crastus mit Besitzerpaar Hänni. – Foto: zvg

Letzte Orders im Führring von Qatar. Jockey Anthony Crastus mit Besitzerpaar Hänni. – Foto: zvg

War es schwierig, Besitzer Mark Hänni von einem Start in Qatar und den damit verbundenen Risiken und Kosten zu überzeugen?

Es standen drei Möglichkeiten zur Disposition: Winterpause, Derby Qatar und GP White Turf St. Moritz; gemeinsam entschieden sich Trainer und Besitzer für die Wüste.

Ist die Vorbereitung auf ein Rennen das mit einer langen Reise und ganz anderen klimatischen Verhältnissen verbunden ist, anders, als die Vorbereitung auf ein Rennen in unseren Breitengraden?

Ein wenig. Das Pferd wird geschoren, um sich besser zu akklimatisieren und es bekommt viele Elektrolyte. Die Trainingsintensität wird stark dosiert.

Was bedeutet es organisatorisch, ein Rennpferd und zwei Betreuerinnen nach Qatar zu schicken? Musstest du als Trainer alles selber organisieren oder wurde ein Teil der Organisation – zum Beispiel Boxen und Futter für das Pferd, die Unterkunft der Mädels etc. – vom Rennveranstalter in Qatar übernommen?

Damit sich das Pferd nicht umgewöhnen muss, nimmt man nach Möglichkeit Futter von zu Hause mit. Die komplette sonstige Organisation wird vom QREC Qatar Racing and Equestrian Club übernommen.

Was bedeutet so eine Reise in die Wüste für das Pferd? Sind spezielle veterinärmedizinische Massnahmen nötig (z.B. zusätzliche Impfungen)? Musste Shutterbug in Quarantäne oder ist das zwischen Deutschland und Qatar unproblematisch?

Ja, es sind spezielle Massnahmen nötig, ausserdem sind alle Gastpferde in einem Quarantäne-Stall untergebracht.

Du bist erst kurz vor dem Rennen nach Qatar gereist. Wie hast du von zu Hause aus die letzten Trainings betreut und die Arbeit des Pferdes beurteilt? Haben dir deine Mitarbeiterinnen Filme zugeschickt, anhand derer du weitere Anweisungen gegeben hast oder hat man da als Chef einfach vollstes Vertrauen und greift gar nicht mehr in die letzten Vorbereitungen ein?

Ich bin drei Tage vor dem Rennen nach Qatar gereist; die Vorbereitungen davor basieren auf Informationen, Gefühl und Vertrauen.

Frontrunner Shutterbug in Aktion. – Foto: zvg

Frontrunner Shutterbug in Aktion. – Foto: zvg

Tag X in Qatar – Das Derby

Dann war der Tag X da. Auch Shutterbugs Besitzer Mark Hänni und seine Frau waren vor Ort. Wie habt ihr den Tag erlebt? Ein Renntag wie jeder andere oder die ganz grossen Emotionen bei allen Beteiligten?

Für Besitzer Mark Hänni und seine Frau Fränzi war es kein Tag wie jeder andere. Sie reisten bereits zwei Tage vorher an, besuchten ihr Pferd früh morgens in den Stallungen und interessierten sich für die Gegebenheiten vor Ort, wie Fütterung, Einrichtung, Trainingsbedingungen, Zustand von Shutterbug und natürlich auch über das Wohlbefinden der beiden Grooms. Die Hänni’s sind nicht einfach nur Besitzer. Sie sind beides Pferdefachleute und dies schon ihr ganzes Leben lang. Für mich als Trainer ist das sehr angenehm, so ist eine erfolgsorientierte und konstruktiv gezielte Zusammenarbeit möglich , die immer auf das Wohl des Pferdes fokussiert ist. Und dies ist unser aller Credo im Spitzensport!

Trainer Michael Figge vor dem Qatar-Derby. Ob er da schon über die Zukunft von Shutterbug sinniert und vom Arc-Sieg geträumt hat? – Foto: zvg

Trainer Michael Figge vor dem Qatar-Derby. Ob er da schon über die Zukunft von Shutterbug sinniert und vom Arc-Sieg geträumt hat? – Foto: zvg

Wie ich mitbekommen habe, ist Shutterbug inzwischen gesund und munter wieder zurück in München. Wie geht es mit ihm nun weiter? Bleibt der Hengst in Schweizer Besitz und bei dir im Training oder ist ein Verkauf immer noch – oder jetzt erst recht – Thema?

Ein Verkauf ist immer möglich. Mark Hänni und auch ich wurden bereits von Interessenten vor Ort angesprochen. Der Besitzer setzt aber auf die Zukunft von Shutterbug. Ich glaube, da müsste ein Scheich schon «ein paar Hundert Kamele» bieten, dass eine Verhandlungsrunde statt fände. Man ist aber auch realistisch, gepokert wird nicht. Wir alle Beteiligten sind von Herzen mit dem Pferderennsport verbunden.

Wenn du für dich und Shutterbug als Team einen Wunsch frei hättest, wie sähe der aus? Ein Sieg in einem ganz grossen Rennen wie dem Arc de Triomphe oder etwas ganz anderes?

Genau, der Arc ist ein toller Wunsch.

Ganz lieben Dank, Michael, dass du uns einen so schönen Einblick ins Abenteuer Qatar-Derby gegeben hast. Ich und die Leser von Galoppszene wünschen dir, Mark Hänni und Shutterbug alles Gute im neuen Jahr.

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