Nina Zosso und Dynastia: Vom Renn- zum Dressurpferd

Nina Zosso – die Lebenspartnerin von Besitzer, Züchter und Skikjöring-Fahrer Adrian von Gunten – war von klein auf pferdebegeistert – als weit und breit Einzige in der Familie – und hat bereits mit 10 Jahren mit dem Reiten angefangen. Schon als Jugendliche hatte sie das Glück, viele Pferde – vor allem Springpferde – von anderen Pferdemenschen reiten zu dürfen. Nach der Matura verbrachte Nina ein halbes Jahr in Portugal, wo sie mithalf, junge Hengste anzureiten und auszubilden und dort entdeckte sie auch die Liebe zur klassischen Dressur. Zum Rennsport kam Nina Zosso erst viel später durch ihren Partner Adi von Gunten. Er prophezeite ihr von Anfang an, dass wenn man mal einen Vollblüter geritten hat, man keine anderen Pferde mehr will.

Dynastias erste Karriere: In den Farben von Adi von Gunten über Hindernisse. – Fotos: zVg

Dynastia ist 2003 in Polen geboren. Ihre erste Rennsaison lief sie in Tschechien. Als Vierjährige kam sie dann zu Claudia Erni nach Avenches, wo Adi von Gunten sie günstig als Hindernispferd erwerben konnte, da die Stute nach 15 Starts als Dreijährige auf der Flachen, als «ausgemanagt» galt. Zu dem Zeitpunkt hat auch Nina Zosso Dynastia kennen gelernt und sich auf den ersten Blick in die Stute verliebt. Aber lassen wir Nina erzählen…

Nachgefragt bei Nina Zosso

Liebe Nina, herzlichen Dank, dass du bereit bist, mir und den Lesern von Galoppszene die Geschichte von dir und Dynastia zu erzählen. Magst du uns in ein paar Sätzen berichten, wie du deine Stute kennen gelernt hast und wieso du vom ersten Moment an von ihr fasziniert warst?

Nina Zosso: Es war buchstäblich die berühmte Liebe auf den ersten Blick: Nachdem Didi in Avenches angekommen ist, haben Adi und ich sie besucht. Boxentüre auf, Didi dreht den Kopf, ihr einmal in die Augen geschaut und ich höre mich noch heute sagen: «Wow hübsch und ganz meine Blutgruppe, die nehme ich dann mal, wenn ihr sie nicht mehr wollt.»

Didi – wie du sie liebevoll nennst – galt bereits als Rennpferd als schwierig und bekam gegen Ende ihrer Rennkarriere auch gesundheitliche Probleme. Trotzdem hast du sie übernommen um sie zum Freizeitpferd umzuschulen. Hattest du keine Zweifel, ob das Ganze gut gehen kann?

Ein Herz und eine Seele – Nina Zosso mit ihrer Didi.

Ich hatte tausend Zweifel, habe aber trotzdem immer an die Stute geglaubt. Ich weiss aber nicht, ob ich mir es zugetraut hätte, wenn ich sie nicht vorher bereits regelmässig im Training geritten und an die Rennen begleitet hätte. Wir waren schon damals ein eingespieltes Team und ich habe mich auch gleich beim ersten Mal auf ihrem Rücken zu Hause gefühlt.

Wie war deine erste Zeit mit der «schwierigen» Stute, also die Zeit, wo es noch nicht um Sport ging sondern um die Grundschule als Freizeitpferd? Was ist sofort gut gelaufen und wo gab es Probleme?

Wie gesagt, ich habe sie bereits gut gekannt und konnte auf diesem Vertrauen aufbauen, zudem haben mich ihre Intelligenz und Lernbereitschaft immer wieder beeindruckt. Trotzdem waren aber am Anfang ziemlich viele Konzessionen nötig: Ich konnte nicht in der Halle reiten, wenn andere Pferde in der Halle waren. Autos und Verkehr generell waren ein Problem. Jeder Vogel im Wald, Kühe, Hunde, Fussgänger – die Liste liesse sich noch beliebig verlängern – waren problematisch für sie. Als eines der grössten Probleme habe ich aber die Vorurteile vieler anderer Rösseler gegenüber Vollblütern wahrgenommen. Da habe ich mir einiges an Sprüchen wie: «Was willst du denn mit der durchgeknallten Stute» und an guten und weniger guten Tipps anhören dürfen.

Ausgerechnet Dressur?

Dynastia wurde bei Claudia Erni in Hürden- und Jagdrennen eingesetzt. Eigentlich wäre sie also prädestiniert gewesen, als Freizeitpferd für Springprüfungen aufgebaut zu werden. Soweit ich weiss, hattest du aber von Anfang an das Ziel, mit ihr in Dressurprüfungen zu starten. Wieso gerade Dressur?

Ich komme ja ursprünglich von der «Langbügelfraktion». Zudem bin ich überzeugt, dass eine gute Dressurausbildung die Grundlage für alle anderen Disziplinen ist und – wie in der klassischen Dressur immer wieder beschrieben – in erster Linie der Gesunderhaltung und der Gymnastizierung des Pferdes dient. Zudem wollte ich auch einfach einmal ausprobieren, was mit so einem Pferd überhaupt möglich ist. Zugegeben, ich dachte am Anfang, dass wenn wir so nach zehn Jahren mal ein GA reiten können und ich bei X anhalten kann, ohne die Richter evakuieren zu müssen, dann ist das dann schon ein Erfolg…

Dynastias zweite Karriere: Dressurprüfungen bis Klasse M mit Besitzerin Nina im Sattel.

Wie hast du es schlussendlich geschafft, Didi bis in M-Dressurprüfungen zu führen? Hast du neben der klassischen Reitweise eine Horsemanship-Methode angewendet?

Ohne die Hilfe von meinem Reitlehrer Samuel Bettschen hätte ich das nie geschafft. Er hat es von Anfang an verstanden Didi zu fordern, ohne sie zu überfordern. Wir haben uns viel Zeit für die Grundausbildung genommen. Im Grunde ist ein Rennpferd umschulen ein Neuanreiten, da es ganz andere Muskeln braucht und die Mechanisierung quasi neu gemacht werden muss. Didi war vor allem am Anfang auf rechte Hand sehr schief und es dauerte auch fast zwei Jahre, bis eine korrekte und konstante Anlehnung möglich war. Neben der Dressurarbeit longiere ich sie ein bis zweimal die Woche um Rückentraining zu machen und wir arbeiten regelmässig am langen Zügel vom Boden aus; so habe ich sie auch anpiaffiert. Ich war nach der Matura ein halbes Jahr in Portugal und habe von dort ein paar Tricks auf dem Gebiet mit nach Hause genommen, die sehr nützlich sind. Daneben ist täglich Weide, eine Auslaufboxe und Ausreiten das Wichtigste für Didi. Das braucht sie für den Kopf aber auch für ihren Körper. Viel Bergtraben und rauf und runter sind die beste Gymnastik für sie.

Eigentlich hast du ja inzwischen mit Dynastia alles erreicht, was man sich von einem ehemaligen Rennpferd wünschen oder erwarten kann. Habt ihr zwei noch weitere Ziele im Visier oder was wünscht du dir für dich und dein «Herz auf vier Beinen» – wie du die Stute auch nennst – für die Zukunft?

Ganz einfach nur, dass sie noch möglichst lange gesund bleibt und ich noch lange jeden Tag Freude an ihr haben kann!

Ex-Rennpferd als Wellnessprogramm

Noch ein paar Worte zu dir: Du arbeitest als Kommunikationsleiterin der Berner KMU, politisierst in der BDP, führst eine Beziehung, bist mit deinem Partner Adi von Gunten im Galopprennsport aktiv und hast neben all dem noch die schwierige Dynastia in ein zweites Leben geführt. Wie schaffst du es, das alles unter einen Hut zu bringen ohne auszubrennen?

Reiten und Didi im Besonderen sind für mich mein tägliches Wellness; DAS Abschalten vom Alltag. In Rumendingen (kleines Bauerndorf) wo Didi zu Hause ist, gibt es nicht einmal Natelempfang, man taucht also quasi für ein paar Stunden in eine andere Welt ab.

Und zu guter Letzt: Was rätst du Menschen, die ein ehemaliges Rennpferd übernehmen und zum Freizeitpferd umschulen möchten? Hast du ultimative Tipps, wie sie Probleme mit ihrem Ex-Galopper umgehen oder zumindest lösen können?

Mit Tipps bin ich immer vorsichtig, weil jedes Pferd anders ist und auch Ex-Rennpferd nicht gleich Ex-Rennpferd ist. Ich denke aber, dass folgende Dinge eine wichtige Rolle spielen: Sich vorher gut überlegen, was man dem Pferd zeitlich und vom Können her bieten kann, einen guten Hufschmied, die richtige Fütterung und eine Auslaufboxe mit täglichem Weidegang. Beim Reiten sind mit einem Vollblüter ein Plan und eine Strategie (wo will ich hin und was ist mein Ziel) sehr wichtig. Und bei der Dressurausbildung darf keiner der Ausbildungsschritte übersprungen werden. Georg Wahl, der verstorbene Trainer und Lebenspartner von Christine Stückelberger, hat mir einmal gesagt: «Du musst mit der Stute liebevoll konsequent und konsequent liebevoll sein» – den Tipp gebe ich gerne weiter.

Herzlichen Dank, liebe Nina, dass du uns die interessante Geschichte von dir und Dynastia erzählt hast. Ich und die Leser von Galoppszene wünschen euch beiden für die Zukunft von allem nur das Beste.

Wer die Bilder in Grossformat sehen will, klickt einfach drauf.

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