Was macht Monika Müller?

Die ehemalige Schweizer Galopptrainerin Monika Müller, die ihre Trainertätigkeit wegen wirtschaftlichen Schwierigkeiten Ende Saison 2016 aufgeben musste (siehe: «Trotz Erfolg keine Zukunft»), arbeitet seit Anfang 2017 als Travelling Head Lad, also als verantwortliche Reisefuttermeisterin bei Trainer Karl Burke in Middleham, England. Beim gleichen Trainer, bei dem im Winter 2016 auch die junge Schweizer Rennreiterin Anna Aebi ein Praktikum gemacht hat. Siehe «Anna Aebi erzählt». Inzwischen hat sich Monika Müller auf Spigot Lodge gut eingearbeitet. Also Zeit nachzufragen, wie es ihr geht und wie ihr neuer Arbeitsalltag aussieht.

Monika Müller – sichtlich glücklich mit ihrem neuen Leben in England. – Foto: zvg

Neuanfang auf der grünen Insel

Liebe Monika, schön, dass du erneut bereit bist, den Lesern von Galoppszene und mir zu erzählen, wie es nach dem Schlussstrich als Trainerin mit deiner Geschichte weitergegangen ist. Zuallererst: Wie geht es dir? Hast du die Auflösung deines Rennstalls gut weggesteckt?

Monika Müller: Mir geht es sehr gut. England ist ein sehr schönes Land, die Briten sind nett und hilfsbereit und die Zeit vergeht wie im Flug, da ich viel unterwegs bin und so Land und Leute kennenlerne. England ist definitiv ein richtiges Rennsportland!

Du bist seit dem 1. Januar dieses Jahres bei Karl Burke in Middleham tätig. Wie ist es zu diesem Engagement gekommen?

Rennsportfreunde haben mir schnell und ohne Eigeninteresse geholfen, diesen Job zu finden, worüber ich sehr froh war und noch immer bin.

Verantwortliche Reisefuttermeisterin

Du bist als Travelling Head Lad angestellt. Ich übersetze die Berufsbezeichnung mal mit «verantwortliche Reisefuttermeisterin». Der Beruf der Head Lads und der Travelling Head Lads ist in der Schweiz kaum bekannt – wohl weil fast alle Rennställe hierzulande zu klein sind um Head Lads zu beschäftigen – zumindest in der Form, wie sie in England üblich sind. Erkläre doch bitte kurz, was die Aufgaben dieses verantwortungsvollen Jobs sind und wie so ein Arbeitstag normalerweise aussieht.

Der Futtermeister, also der Head Lad, ist die rechte Hand des Trainers und erledigt mehr die Aufgaben im Stall und hat direkt mit den Rennen weniger zu tun. Er kontrolliert die Gesundheit der Pferde, überwacht die medizinische Versorgung, die Fütterung und hat die Grooms unter sich. In den grossen Ställen wie hier bei Karl Burke gibt es mehrere Head Lads, es sind also – sehr einfach erklärt – in gewisser Weise Abteilungsleiter, die aber auch im Training mit reiten.

Ich selber bin seit März Reisefuttermeisterin – davon gibt es bei Burke drei – und es macht mir grossen Spass. Ich bin happy dass mir Karl diese Position angeboten hat und grosses Vertrauen in mich zeigt. So bin ich fast täglich auf verschiedenen Rennbahnen in England und ab und zu auch in Frankreich. Meine Aufgabe ist es, die Pferde mit dem Transporter an die Rennorte zu bringen und auf dem Rennplatz vertrete ich den Trainer, wenn er nicht selber vor Ort ist. Das ist oft so, denn manchmal laufen am gleichen Tag Burke-Pferde auf mehreren verschiedenen Rennbahnen. Ich sattle, gebe im Führring die Orders und kümmere mich um die Besitzer. Am Anfang war das nicht ganz einfach, denn meine Englischkenntnisse waren eher bescheiden. Das Personal und die Stewards auf der Rennbahn sowie die Besitzer waren aber sehr hilfsbereit.

Wenn ich mal einen Tag daheim auf Spigot Lodge arbeite oder erst mittags losfahren muss, reite ich morgens bis zu vier Lots, ich sitze also auch noch regelmässig im Sattel.

Ist die Idee, dass du langfristig in dieser Funktion bei Karl Burke arbeitest und somit in England bleibst oder hast du allenfalls weitere Pläne?

Da Karl und seine Familie mich hier so herzlich aufgenommen haben und mir grosses Vertrauen entgegengebracht haben werde ich diese Saison sicher hier bleiben und mir dann überlegen wo und wie es weiter geht. Newmarket, wo einige der grössten Trainer ihren Sitz haben, würde mich irgendwann schon auch noch reizen…

Trainingsalltag – in einer wunderschönen Schwarz-Weiss-Impression eingefangen. – Foto: Phil Doncaster Photography

Professionalität ist enorm

Dass das Rennsportmekka England für Galoppsportprofis reizvoll und faszinierend ist, ist klar. Aber wie gefallen dir Land und Leute neben dem Rennsport? Gibt es Dinge und Eigenheiten die du sehr magst und andere, die du als negativ empfindest?

Ich vermisse zwar ab und zu meine Freunde und Familie in der Schweiz, aber durch meine offene Art habe ich hier schnell Anschluss gefunden und fühle mich sehr wohl und zu Hause. Beruflich musste ich mich aber am Anfang schon sehr beweisen. Zwar wusste man hier, dass ich schon bei Urs Suter in Frankreich ein Jahr Reisefuttermeisterin war und in der Schweiz selber trainiert habe, aber als Frau – in England ist der Rennsport noch stärker männerdominiert als in anderen Ländern – und aus der Schweiz, dessen Galoppsport nicht gerade weltbekannt ist, musste ich effektiv meinen Mann stehen um meine jetzige Position zu bekommen.

Zu Land und Leuten ausserhalb des Rennsports kann ich nicht so viel sagen, denn ich tingle von Rennbahn zu Rennbahn oder bin auf Spigot Lodge. Was ich hier besonders mag, ist die Professionalität des Galoppsports. Das fängt beim Eintreffen der Pferde auf der Rennbahn an. Alle werden kontrolliert. Bei den Pferden wird der Chip abgelesen und beim Personal die Papiere geprüft. Ohne gültigen Ausweis kein Zutritt, das gilt für die Menschen wie die Pferde. Alles läuft sehr ruhig und organisiert ab und die Stallungen usw. werden mit Kameras überwacht. 

Auch ist das Ambiente auf den Rennbahnen sehr edel. In meiner Position ist für die Männer ein Anzug und für mich als Frau eine schwarze Hose mit Bluse vorgeschrieben. Als ich Reisefuttermeisterin wurde, musste ich mich zuerst neu einkleiden um für die grossen Bahnen wie Ascot, Newbury oder York parat zu sein. Dafür bekommt man aber auch viel zurück. Das Publikum geht unbeschreiblich mit, schreit die Pferde ins Ziel und bejubelt danach die Sieger und ihre Jockeys, dass ich manchmal Gänsehaut bekomme.

Toll ist, dass hier auch Führerinnen und Führer einen viel grösseren Stellenwert haben. In jedem Rennen gibt es ein Pferd das den sogenannten «Turn out» gewinnt, was soviel heisst wie das am besten herausgebrachte Pferd. Der Speaker erwähnt das immer und gratuliert dem Führer persönlich mit Namen. Es gibt zwischen 20 und 300 Pfund zu gewinnen, je nach Sponsor und Grösse des Rennens. Es wird dann auch immer ein Foto vom Führer mit dem Sponsor des Rennens gemacht. Entsprechend muss ich mir nie Sorgen machen, dass die Pferde nicht toll rausgeputzt werden, denn jede und jeder will den Preis gewinnen.

Gibt es gar keine negativen Sachen?

Das Einzige was ich hier ein bisschen als Nachteil sehe, ist dass es mit den Pferden sehr schnell vorwärts gehen muss. Wir haben jeweils rund 110 Pferde im Stall und die müssen Leistung zeigen. Wenn es bei einem nicht auf Anhieb klappt oder ein erfahrenes eine Durststrecke hat, wird es ausgemustert, denn das nächste Pferd wartet schon… Aber auch durch diese Sache kann ich Erfahrung sammeln. Kürzlich war ich mit fünfzehn Pferden an den Sales in Newmarket und dafür verantwortlich, dass sie potentiellen Käufern optimal präsentiert wurden. Das war ein Riesenerlebnis und auch erfolgreich, alle wurden verkauft. Da wir nun wieder Platz haben, werden bald neue Jungpferde kommen, was auch wieder interessant ist.

Danke Monika, dass du uns einen so detaillierten Einblick in dein neues Leben gegeben hast. Ich und die Leser von Galoppszene wünschen dir weiterhin alles Gute und viel Erfolg.

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