Champion Dennis Schiergen blickt zurück und voraus

Für den Wahlschweizer Dennis Schiergen war die vergangene Saison die bisher erfolgreichste in der Schweiz. Gekrönt wurde sie mit dem Gewinn des Flach-Championats und des Gesamt-Championats mit dem zweiten Rang in der Hinderniswertung. Für Leserinnen und Leser, die Dennis Schiergen noch nicht so gut kennen, blicken wir kurz zurück.

Gleich zu Anfang des Jahres 2019 durfte sich Dennis Schiergen als erfolgreichster Reiter des White Turf-Meetings feiern lassen. – Bildquelle alle Fotos: turffotos.ch

Werdegang

Der 24jährige Jockey wurde in eine berühmte Galoppsportfamilie geboren und sass schon auf Ponys und Pferden bevor er laufen konnte. Sein Vater Peter ist mehrfacher Championtrainer in Deutschland und erreichte davor gegen 1500 Siege im Rennsattel. Dennis Schiergen erzählt aus seiner Jugend: «In meinen ersten Lebensjahren, war mein Vater noch Jockey. Ich war öfters im Training mit dabei und er nahm mich jeweils beim Trockenreiten in den Sattel. Im Rennsattel zu sitzen war für mich so selbstverständlich wie Legospielen. Selber Jockey zu werden war entsprechend mein Kindheitstraum und ich begann früh mit Ponyrennen.» Er absolvierte bereits mit 15 Jahren die Rennreiterlizenz und stieg erfolgreich in den Sattel. Doch 1.74 m Grösse waren kein ideales Jockeymass. Entsprechend wurde das Diäthalten zum täglichen Wegbegleiter. «Das optimale Reitgewicht liegt zwischen 52 und 54 Kilogramm. Zwangsläufig musste ich mir Gedanken machen, ob Profijockey für mich längerfristig machbar ist», so Schiergen.

Bewusste Entscheidung

In seiner Familie war eine gute Ausbildung neben dem Reiten schon immer Thema. Dennis studierte Sport-, Medien- und Eventmanagement und ritt als Amateur Rennen. Dennis hatte also die Wahl zwischen Profisport oder einem bürgerlichen Beruf. Zwar entschied er sich 2014 Profi zu werden und zog dies zwei Jahre erfolgreich durch, doch die ständigen Gewichtsprobleme waren eine zu grosse Bürde. Schiergen erklärt: «Ich reite seit jeher mit viel Spass und aus ganzem Herzen und wollte mir das erhalten. Deshalb entschied ich mich bewusst für ein weiteres Studium. Als Profijockey wäre die Freude unter dem Druck des Gewichts irgendwann auf der Strecke geblieben.» Und so kam Schiergen zu seiner Freundin Valeria Holinger in die Schweiz. Er erzählt: «Ich fand für meinen Master of Business Administration in Zürich eine Hochschule die genau meinen Wünschen entsprach. Ich habe mich also keinesfalls gegen den deutschen Rennsport entschieden sondern für meine persönliche Zukunft, beruflich und privat. Und diesen Entscheid habe ich noch nie bereut.»

Im allerletzten Rennen der Saison konnte Dennis Schiergen dank dem Sieg mit Maya Suters Shooting das Flach-Championat für sich entscheiden.

Rückblick Saison 2019

Im vergangenen Jahr entpuppte sich Dennis Schiergen schon sehr früh als Favorit für das Flach-Championat. Er verrät, wie er es erlebt hat: «Die vergangene Saison lief wirklich sehr gut. Gleich zu Beginn durfte ich mich in St. Moritz als erfolgreichster Reiter des White Turf feiern lassen. Auf Gras ging es nahtlos mit Siegen weiter. Champion zu werden ist das Ziel eines jeden Jockeys, deswegen hatte ich es immer im Fokus. Natürlich sind die Favoriten hier in der Schweiz meist die Stalljockeys von Andreas Schärer und Miro Weiss, den Trainern mit den meisten Pferden. Doch ich konnte auf die Unterstützung verschiedener Trainer zählen.» Die wichtigste Rolle habe dabei Karin Suter gespielt, da er hauptsächlich für sie reite, so Schiergen weiter. «Wir studieren zusammen die Ausschreibungen sehr genau, um jedes Pferd im idealen Rennen starten zu lassen. So ist es für unser Trainingsquartier möglich, mit relativ wenigen Pferden vergleichsweise viele Siege zu erzielen.

Ein Championat ist ein Championat

Obwohl das Schweizer Championat international keinen grossen Stellenwert hat, wird es von Schiergen geschätzt. Er erläutert: «Das Championat ist das Championat, egal wo auf der Welt. Von uns Jockeys, den Trainern und den Besitzern fliesst viel Aufwand, Zeit und Energie hinein. Je länger die Saison dauert, je mehr möchte man das Championat unbedingt holen wenn man die Chance dazu hat. Der entscheidende Sieg mit Shooting im letzten Rennen in Avenches war für mich sehr emotional. Denn ab Mitte September hatte ich zwar sehr viele Platzierungen, doch zu Siegen wollte es nicht mehr reichen und Tim Bürgin holte mich ein. Dann das Championat im letzten Rennen doch noch zu gewinnen, mit einem vielversprechenden jungen Pferd, das einiges an Klasse mitbringt, hat starke Emotionen ausgelöst.»

Dass für die Championatsfeier in Avenches sogar Dennis Eltern aus Köln anreisten, war für viele Rennsportaktive hier in der Schweiz eindrücklich. Darauf angesprochen sagt der sympathische Deutsche: «Meiner Familie war es sehr wichtig persönlich anwesend zu sein, denn für uns ist jedes Championat eine grosse Sache und wir alle wissen, was es zum Siegen braucht. Meine Eltern und meine Brüder verfolgen wenn möglich jedes Rennen live (PMU und White Turf) und die anderen Rennen zeitnah auf YouTube. Mein Vater steht mir bis heute unterstützend zur Seite und gibt mir nach dem Sichten meiner Ritte sein Feedback, was für mich sehr wichtig ist. Von seiner Erfahrung kann ich viel profitieren und ich kann ihn jederzeit um Rat fragen.»

Die Freude war gross und die Emotionen gingen tief als der Championtitel Tatsache wurde.

Nächstes Ziel Hindernis-Championat?

Im vergangenen Jahr ritt Dennis Schiergen immer öfters auch über Hindernisse. Neben Hürdenrennen auch Jagdrennen und die Erfolge waren beachtlich, was den zweiten Rang hinter Raphael Lingg in der Jahreswertung ergab. Da stellt sich natürlich die Frage, ob das Hindernis-Championat das angestrebte Ziel im nächsten Jahr ist. Schiergen schmunzelnd: «Dieser Titel fehlt natürlich noch und die Hinderniswertung zu gewinnen wäre schon was… Ich gebe zu, ich habe das im Auge. Aber natürlich muss die Gesundheit mitspielen. Zudem sind Crossrennen noch kein Thema. Ich möchte noch mehr Erfahrung über Hindernisse sammeln und bräuchte dann ein passendes Pferd. Sowieso springe ich alle Pferde, die ich über die Sprünge reite, auch im Training um gut vorbereitet zu sein.

Für 2020 gilt für Dennis Schiergen vor allem: Never change a winning team. So wird es bei ihm ähnlich weiter gehen wie bisher: «Ich reite in erster Linie für Karin Suter. Wir starten mit altbewährten und mit einigen neuen Pferden in die Saison. Die Neuzugänge sind eine schöne Bestätigung für die geleistete Arbeit vom gesamten Team, angefangen bei der Trainerin, über das Stallpersonal, Amateure und Arbeitsreiter, bis hin zu Besitzern und weiteren Involvierten.» Des Weiteren werde er für Miro Weiss und Monika und René Stadelmann auf der Flachen in den Sattel steigen und über Sprünge für Claudia Schorno. Schiergen dazu: «Für Claudia konnte ich 2019 den Grossteil meiner Hindernissiege erzielen. Das Hindernis-Championat gemeinsam mit ihr zu gewinnen wäre natürlich sehr schön.»

Auch im kommenden Jahr wird der Champion für Monika und René Stadelmann in den Sattel steigen.

Engagement in den Verbänden

Der diesjährige Champion ist aber nicht nur im Rennsattel aktiv, er engagiert sich auch im Rennreiter-Verband und bei Galopp Schweiz. Doch bekanntlich ist die Situation im Schweizer Rennsport aktuell nicht rosig. Dennis erklärt, wieso er sich engagiert obwohl das kein Zuckerschlecken ist: «Die Zukunft des Rennsports in der Schweiz liegt mir sehr am Herzen. Es ist an der Zeit, dass alle den Ernst der Lage erkennen und wir zusammenrücken um gemeinsam für die langfristige Zukunft unseres Sports zu kämpfen. Es darf nicht jeder nur an sich und seine Vorteile denken. Nur gemeinsam können wir den Return schaffen. Bei Galopp Schweiz müssen wir uns vor allem zum Ziel setzen, die Finanzen nachhaltig aufzustellen. Damit wir dies schaffen, müssen wir in allen Bereichen – umgangssprachlich gesagt – Gas geben. Unser Sport muss für Sponsoren und Zuschauer wieder attraktiver werden, das Image sollte sich verbessern und wir müssen professioneller kommunizieren. Vorerst sind das nur einige Punkte die mir wichtig sind. Offiziell wird man in den nächsten Monaten mehr erfahren. Mein persönlicher Appell, sich zu engagieren, geht aber schon jetzt an jede und jeden in unserem Sport.»

Es wird also im nächsten Jahr um Dennis Schiergen sicher nicht ruhiger werden. Er wird sich als Sattelkünstler in Szene setzen und mithelfen, den Schweizer Galoppsport wieder auf Schiene zu bringen. galoppszene.ch wünscht dem Wahlschweizer entsprechend viel Erfolg bei allem was er 2020 anpackt.

1 Kommentar

  1. M

    Netter Artikel 🙂
    Weiter so

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